Mittwoch, 10. August 2011

Die Frau, der Trend und Yolanda

Zu den Vorzügen eines Agenturjobs gehört, dass man ab und an etwas umsonst bekommt, wofür man sonst teures Geld bezahlen müsste, nämlich Zeitungen und Zeitschriften. Jüngst danach gefragt, welches Blatt ich denn gern regelmäßig lesen würde, entschied ich mich für "Frau im Trend". Alle attraktiven Druckerzeugnisse waren schon vergeben, es standen nur noch die Bussibär und die besagte "aktuelle Info-Illustrierte" zur Auswahl. Wie man angesichts dieser Optionen noch von Vorzügen sprechen kann, ist sicher strittig. Nachdem ich die "Frau im Trend" gestern zum ersten Mal las, weiß ich aber, dass alles einen tieferen Sinn hat. Denn selten fühlte ich mich so gut informiert und unterhalten.

Da war zunächst ein klasse Aufmacher auf dem Titel:


Das kann ja wohl echt nicht wahr sein, Sven! Ich war genauso entrüstet wie die Frau, der er so übel mitgespielt hat. Deren Namen erfährt man leider auch auf Seite 36 nicht, sie ist einfach nur "ich". Ja, so ist das bei der "Frau im Trend", da ist man ganz nah dran an den Menschen.


Nachdem ich mich über Svenni, die Sau, wieder abgeregt hatte, stieß ich auf die Rubrik Trend-Diät, die enthusiastisch verspricht: "Schneller schlank und straffe Haut mit Turbo-Fettverbrennern - Die Jeans-Diät für Genießer". Daneben prangt das Foto eines magersüchtigen Frettchens, dem der Hosenbund knapp vor der Scham hängt. So möchte sie also aussehen, die durchschnittlichen FiT-Leserin.

Nun, ich drück die Daumen. Ob ihr das allerdings mit den im Rahmen der Diät empfohlenen Gerichten gelingt, möchte ich bezweifeln. Das sind nämlich das gute, alte "Hähnchen-Cordon-bleu" und das "Käse-Schnitzel". NATÜRLICH solle man aber auf den Gauda von "Du darfst" zurückgreifen, da brennt dann gar nichts an, sondern das Fett nur so weg. Aber sicher.

So. Nachdem ich mir die Rezepte abgepaust hatte, kam ich schon bald zu einem weiteren Highlight der Zeitschrift, nämlich der Abteilung "Liebe & Leidenschaft". Unter der Überschrift "Warum Frauen immer eine Spur raffinierter sind"erzählt dort Danni (38) von ihrem erotischen Erlebnis in einer Schwimmhalle. Danni (38) war wohl, wie so oft, gleich beim ersten Hahnenschrei ins Schwimmbad aufgebrochen, um dort ganz in Ruhe ihre Bahnen zu ziehen. Yolanda, die Bademeisterin hatte ihr extra etwas früher aufgesperrt. Und wie sie da so schwamm, die Danni (38), da tauchte plötzlich ein männlicher Körper ins Wasser. Danni (38) war natürlich direkt etwas aufgeregt: "Unter Wasser kreutzen sich unsere Blicke", was darauf schließen lässt, dass beide echt gute Chlorbrillen trugen. Das erotische Pritzeln muss enorm gewesen sein. Danni (38) beendete "irritiert" ihre Bahn, denn sie spürte die Anwesenheit des Mannes. Es war, so schreibt sie, "als ob das Wasser seine Wärme zu mir treibt". Ich meine ja, der Kerl hat ins Becken gepinkelt, Danni (38) findet, das kam eher von Herzen. Jedenfalls gab's dann etwas Zwinkerzwinker, Wettschwimmen und Gelächel. Und der Fremde hatte NATÜRLICH "dunkle Haare, einen Bartschatten und sinnliche Lippen", is ja klar. Danni (38) ist jetzt so weit, sie will's wissen! Und natürlich ist das alles ein Kinderspiel für sie, weil: Frauen sind ja immer eine Spur raffinierter, wie wir wissen. Sie geht also in die Umkleide und wirft dem Fremden einen eindeutigen Blick zu, den der Traummann mit einem Nicken erwidert. Wenig später geht's auch schon los: Nacken, Schultern, Hals, Hände, Hüfte, Brüste - das nur mal ein paar Schlagworte. Danni (38) war nämlich plötzlich nicht mehr "der schüchterne Teenager, ich war eine Frau!". Kuck an, doch schon. Nach einigem Hin und Her drückte er sie an den Metallspind, dann "packte er mein Bein" und "schneller als je zuvor kamen die Wogen". Ich vermute, Danni (38) wird auch laut und total unschüchtern ausgerufen haben: "Mir kommen die Wogen!". Davon schreibt sie allerdings nichts.

Dann war's vorbei, der Typ verschwand, Danni (38) ging, zwinkerte Yolanda, der Kupplerin zu, und am Ausgang wartet "mein über alles geliebter Mann". Whä? War das nun ihr Kerl die ganze Zeit? Oder hat Danni (38) da mal Glück gehabt, dass ihr Gatte nich früher reingeschaut hat? Und was macht der denn überhaupt da? Ich bin nicht sicher. Überhaupt war ich sehr aufgewühlt, weshalb ich diese ganze Sache natürlich direkt mit meiner Textkollegin per Skype diskutieren musste. Und das ging dann so:

Stefan:
ah! und unter "liebe & leidenschaft" erzählt Danni (38) wie ihr beim schwimmen ein schöner mann in die umkleidekabine folgte...


Svenja:
hui!! und dann?


Stefan:
"ich wollte sein begehren spüren, liebte ihn im stehen", schreibt sie


Svenja:
jaaaaa


Stefan:
morgens um halb sieben!!! so ein unsinn


Svenja:
nein!!


Stefan:
doch! da war das schwimmbad noch leer! yolanda, die hausmeisterin hat extra aufgeschlossen!


Svenja:
ich mag es nicht glauben! aber die kannte den doch gar nicht


Stefan:
nein! die kannten sich nicht!

Svenja:
und in der badehose hat man doch auch kein kondom


Stefan:
nein!


Svenja:
gott, im schwimmbad fängt man sich fußpilz ein, aber bitte doch kein aids!


Stefan:
da hat danni (38) nicht nachgedacht


Svenja:
und jetzt schlummert in ihr der tödliche virus. pech, liebe danni!
du spielst mit deinem leben und das ist ein spiel, bei dem man nur verlieren kann, so möchte man ihr zurufen


Stefan:
richtig! aha! und nachdem sie sich am metallspind hat bügeln lassen, holt ihr "über alles geliebter mann" sie vor der schwimmhalle ab morgens um 7! was soll denn das!?


Svenja:
was ist denn das für eine pornozeitung, schlimm


Stefan:
da stimmt's doch hinten und vorne nich


Svenja:
wieso denn nicht um halb 7?


Stefan:
moment...ich zitiere

"Das Schwimmbad lag um die Ecke, Punkt halb sieben schloss Yolanda, die Bademeisterin, die Tür auf."
wenn das schwimmbad um die ecke is, wieso holt der torfkopp danni (38) denn ab? kanner doch noch schlafen, wenn die alte beim sport ist.


Svenja:
vielleicht ist samstag und die wollen einkaufen gehen danach
in den rewe


Stefan:
du meinst, sie hat immer nur an ihre einkaufsliste gedacht, als der schöne, fremde mann sie von hinten nahm?


Svenja:
nein, die hat sie am abend vorher geschrieben und ihr mann bringt die dann mit ins bad


Stefan:
das ist klug


Svenja:
wenn er's nicht vergisst, der idiot
scheiß männer

Stefan:
er hätte ihr lieber ein kondom mitbringen sollen


Svenja:
jetzt ist es auch zu spät

Ja. Das ist es. Ich freu mich jedenfalls schon sehr auf die nächste Ausgabe! 





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