Mittwoch, 6. Februar 2013

Sandra, Jack Sparrow und der Heizkessel


Pünktlich zu Karneval erfreut die Frau im Trend, das Fachmagazin für junggebliebene Damen, mit einer jecken Lovestory. Darin dreht sich alles um die Reiseverkehrskauffrau Sandra (38) und ihre letztjährigen Erlebnisse im frohsinnigen Köln. Ihre Geschichte beginnt so:

Natürlich herrschte bei uns im Reisebüro Ausnahmezustand. An Weiberfastnacht wurde ab 11:11 Uhr nicht mehr gearbeitet. 
Nun, wenn man mich fragt: großartig nach Arbeit sieht das in Reisebüros eigentlich nie aus. Billige Flüge und überteuerte 3-Sterne-Bunker googeln, das kann mittlerweile jeder, in dessen Heim mindestens ein 56k-Modem vor sich hin trötet. Doch bevor ich hier einen ganzen Berufsstand verunglimpfe, schnell zurück zum Plot.

Bis dahin hielten wir Frauen unsere Scheren zurück. Einmal war es einer Kollegin passiert, dass ein Kunde sie angezeigt hatte, weil sie ihm den Binder abgesäbelt hatte. Nicht mal ein Küsschen hatte ihn getröstet. 
Rock'n Roll bei Travel-Tünnes! Tanzen diese durch und durch verrückten Hühner doch Altweiber echt mit 'ner Schere an, um Männern damit auf Glockenschlag die Krawatte zu stutzen! Ich dreh durch! Was muss dieser humorlose Kunde auch ausgerechnet an diesem Tag seinen nächsten Fickurlaub in Thailand buchen, selbst Schuld! Allerdings: wenn bei mir eine ausgelassene Reisetante ungefragt eine Zirkumzision durchführte, würde ich wohl auch über eine Klage nachdenken.

Ich hatte Alex auf dem Kieker, unseren Kreuzfahrt-Experten.
Aha! Alex, der alte Schwerenöter, war also der Hahn im Korb. Und Sandra zog offenbar in Betracht, mit ihrer Aida mal sein Kap Horn zu umsegeln. Dieses Luder!
War ich verliebt? 
In den Leichtmatrosen? Schwer vorstellbar. Vielleicht temporär und untenrum, aber so richtig mit Herz? Sandra?

Eigentlich nicht. 
Siehste.

Ich war zu lange Single, seit mein Ex-Verlobter Maik sich in meine Freundin Beate verknallt hatte. 
Oha. Sandra wurde also von Mighty Maik und Bitch Beate das Herz gebrochen. Nicht schön. Wieso allerdings ein langes Single-Dasein den Zustand des Verliebtseins ausschließt, erschließt sich mir nicht so ganz. Nunja, um mich geht es ja auch nicht. Weiter:

Während meine Kollegin Heike sich in der Kölschkneipe mit einem Schwung Matrosen amüsierte, streifte ich, verkleidet als Piratenbraut durch die ausgelassene Menge. 
Während Sandra so streift, geht Gangbang-Heike gleich bei einem ganzen Schwung Matrosen vor Anker. Die Geschichte würde man ja eigentlich viel lieber lesen. Heike, übernehmen sie!!

Auf einmal hielt mich ein Pirat mit Augenmaske auf, umfing mit festem Griff meine Taille. „Tanz mit mir.“ raunter er. 
Augenmaske? Was soll denn das für ein Pirat sein? Augenklappe, meine Liebe, alles andere ist Zorro.

Das war das Leben! 
Waswiewo? In einer rammelvollen Kölschkneipe von einem schlechten Zorro mit Enterhaken angegrapscht zu werden, das ist das Leben? Achso! Hätt' man mir ja auch schon eher sagen können.

Auf meine Frage, wie er hieß, legte er den Finger auf die Lippen. Ein Gentleman-Pirat, sein Lachen eine Wucht. 
Mit seinem schlierigen Klofinger am Mund rumfummeln, ein wahrer Gentlemann. Genau. Aber dieses Lachen! Was schert einen da schon die Campylobater-Enteritis vom nächsten Tag.

Später dann, als wir Hand in Hand dasaßen...
Sicher. Damenhöschen fliegen durch den Saal, wildes Zungenfechten in jeder Ecke und unsere Beiden sitzen da und halten Händchen. Wie ramontisch!

...erkannte ich ihn unter der Maske: Jan, meine Jugendliebe! 
Gibsdochnich! Was für ein Zufall! Gute Freunde kann niemand trennen.

Lang hatte ich ihm nachgetrauert, als er als Hotel-Azubi nach England ging. „Ich feiere jedes jahr Karneval in Köln“, gestand er. „und ich habe seit Jahren Ausschau nach dir gehalten.“ 
Kann ich überhaupt nur jedem empfehlen: wenn man mal wen sucht, den man ewig nicht gesehen hat, dann stürzt man sich am besten in den Karneval und hält unter Clownsmasken, Afroperücken und Zebrakostümen nach ihm Ausschau. Eine ganz sichere Nummer.

„Schon mal was von Telefon gehört?“, spöttelte ich. 
Hihi...schlagfertig, unsere Sandra!

„Hätte es dieselbe Magie?“, fragte er. 
Touché! Zu zweit zwischen Kölschduschen, Kotzlachen und Höhner-Hits – mehr Magie geht eigentlich nicht. Sieht Sandra auch so.

Nein! Wir tanzten, wir lachten und sprachen. Und dann schwiegen wir. 
Warum? Übelkeit? Kopf- und Gliederschmerzen? Schlechtes Gewissen? Oder doch nicht etwa...

Als wir uns küssten, war es wie die wilde See. Immer lockender küssten wir uns, bis wir den kuschlig-warmen Heizungskeller des Bistros erreicht hatten.
Nun. Ich habe wahrlich schon einige Bistros in Köln aufgesucht. Und wenn ich jetzt Rückschlüsse vom gastronomischen Bereich auf den unterirdischen ziehen sollte, dann wäre so ziemlich das Letzte, worauf ich käme, mich mit einem anderen Menschen eben dorthin zu begeben. Es sei denn, ich will ihn umlegen und sicher gehen, dass seine Leiche die nächsten 40 Jahre nicht gefunden wird.

Dort ließen wir unseren Gelüsten freien Lauf. 
Igitt. Aber gut, es ist Karneval, Jan juckt der Krummsäbel und Langzeitsingle Sandra tropft wie ein Kieslaster. Dann muss es eben mal der Heizungskeller sein.

Jan zog mich langsam aus... 
NACKICH IM VERSIFFTEN HEIZUNGSKELLER EINES BISTROS! Sandra...ich bitte dich!

...schob meine Schenkel auseinander, vergrub seinen Mund in meinem Schoß. Ich spürte seinen Dreitagebart kitzeln. 
An dieser Stelle hätte ich persönlich gern eine „die Heizung leckte“-Allegorie gelesen. Doch das würde ja die Romantik des Augenblicks kaputt machen, stimmt schon. Schenkel, Dreitagebart, rrrrr!

„Nimm mich“, keuchte ich. 
Und Jan so „JADOCH! Was glaubst du, warum ich hier unten im Siff knie?!“ Und wieso überhaupt keuchen? Jetzt schon 'ne Lungenentzündung im feuchten Keller? Ich mache mir Sorgen um Sandra.

Er stand auf, hob mich aus der Bewegung heraus hoch. Seine Hände umschlossen meinen Po, ich spürte, wie sich die feste Spitze seiner Männlichkeit an mich drückte, und er mit flachen, heißen Stößen tiefer drang. 
Jan und Sandra beim Kielholen. Na prima. „feste Spitze seiner Männlichkeit“...herrijee, das sind Piraten unter sich! Das kann man doch wohl auch angemessen umschreiben: Mit ordentlich Schwung hievte er mich von Deck! Seine Pranken packten mich Backbord und mit dem harten Knauf seines Dolches enterte er meine Schatztruhe. Oder so.

Unterträglich sexy. 
Sicher.

Irgendwann legte er mir die Hand auf den Mund, sah mich an – 
und sagte: „Scheiße, ich hab mein Auto nicht abgeschlossen.“ oder „Kannst du mal bitte aufhörn zu quietschen wie ne Kombüsentür?“ War's so?

...und glitt mit einem heftigen Ruck ganz hinein. 
Achso. Langweilig.

Entzog sich. 
Ui! Doch nicht!

Und dann wieder dieser Ruck. 
Ach doch.

Er hörte nicht auf, bis Zittern meinen Körper erfasste und ich Jan, dem heimgekehrten Piraten, meine Lust in die Hand stöhnte. 
„*rüüüülps*- 'schuldigung! Das war das viele Kölsch.“

 Ja, so war das. Sandra und Jan sind seitdem ein Paar und legen jedes Jahr an Altweiber eine Blume im schäbbigen Keller der Dönerbude ab. Denn was so schön begann, soll niemals enden. Amen,...Ahoi...äh...ALAAF!!



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