Dienstag, 23. August 2011

Frauke, Kreta und das elende Schweigen

Seit den Erfahrungen von vor 2 Wochen bin ich ja großer Fan der Zeitschrift Frau Im Trend. Während sich also letzte Woche im verträumten Kiosk des noch verträumteren Urlaubsörtchens die Herren um mich herum mit Spiegel, Stern, Kicker und Auto BILD eindeckten, griff ich beherzt zu der aktuellen Info-Illustrierten. Was soll ich sagen: ich wurde nicht enttäuscht. Erneut gab es tolle Diät-Tipps, von denen kein einziger ohne Fleisch auskommt, dafür aber immer mit Käse und Butter zubereitet werden will. Das Ganze heißt diesmal Die lecker-leichte Fett-weg-Diät. Zwei Fragen drängten sich mir bei der Lektüre auf: 

1.Meinen die das ernst? 
2.Wer glaubt das denn? 

Nun, zu Frage 1 kann man wohl sagen: Es ist davon auszugehen, dass die Schreiber wissen, dass dies mitnichten Diät-Tipps sind, sondern eher das Gegenteil bewirken. Und zu Frage 2: Wer glauben will, dass mit Rahmschnitzel mit Kartoffelecken und Weißkohl-Knödel-Gratin die Pfunde purzeln hat nichts anderes verdient, als nicht mehr in die KIK-Jeans zu passen. So sieht's doch aus!


Doch genug vom Essen, kommen wir zu meiner Lieblingsrubrik Liebe & Leidenschaft. Diesmal erzählt dort "Frauke (39): Am Strand von Kreta verführte ich ihn zu mehr". Als jemand, der viel Kummer gewöhnt ist was unnötig kreative Schreibweisen angeht, bin ich schon froh, dass sie ihn angesichts der gewählten Destination nicht zu „Meer“ verführt hat. (Wer übrigens wirklich mal alle denkbaren und undenkbaren Wortspiele zwischen mehr und Meer live erleben möchte, dem empfehle ich einen Abstecher zum Steinhuder Meer. An jedem zweiten Haus prangt ein Spruch wie „Stoffe aus Steinhude und mehr“, „Frisur und me(e)hr“, ja, sogar einen Imbiss namens „Döner & Meer“ konnte ich dort ausmachen. Was ich am Steinhuder Meer treibe steht auf einem ganz anderen Blatt und gehört nicht hier (m)her.)

Zu Frauke. Zunächst erzählt sie, dass ihr Mann sie reingelegt hat: "Anstatt in den Odenwald – wie seit 10 Jahren – hatte er mich zum Flughafen entführt. Nun überflogen wir die Alpen, das Meer..." Kreta hatte sich Fraukes Mann, der alte Schlingel, also als Überraschung ausgesucht, und wir sollen nun erfahren, was sich dort zutrug. Ich persönlich hätte ja viel lieber die Geschichte über ihre Hochzeit gelesen, an deren Höhepunkt der Pfarrer sagt: „Dann erkläre ich euch hiermit zu Mann und Frauke.“ Schade.

Jedenfalls fahren sie also mit einem Taxi zum Hotel mit der "schneeweißen Fassade", der Taxifahrer trägt einen "blauen Kaftan", dort angekommen bringt ihn der Kellner "rote Cocktails". Wir lernen: Farben scheinen in im Leben der FIT-Leserschaft eine wichtige Rolle zu spielen. Ein Wunder eigentlich, dass sie nicht in einem kanariengelben Taxi auf tiefschwarzen Ledersitzen durch dunkelgrüne Landschaften der purpurnen Sonne entgegen gefahren sind. Aber es war wohl einfach nicht so, und dann kann Frauke das auch nicht schreiben, denn sie würde nie lügen.

Am Abend aßen sie Meeresfrüchte auf der Terrasse, schauten aufs "abendliche Meer" und "Glück hüllte mich ein wie der Zauber eines südlichen Märchens", so Frauke.

...ich habe mir erlaubt, mal „südliche Märchen“ zu googeln, weil ich grad nicht genau wusste, was Frauke meint. Es gibt quasi nur einen Eintrag dazu und der führt zu einem Buch eines gewissen Heinz Müller aus Quendlinburg. Was drin steht, erfährt man leider nicht so genau, wollen wir also einfach mal hoffen, das Frauke sich auf Kreta nicht fühlt wie Heinz Müller 1967 im damaligen Bezirk Magdeburg.

Und richtig, im folgenden Abschnitt erfahren wir rasch, dass Frauke sich so gar nicht fühlt wie Heinz, sondern seit langem mal wieder wie sie selbst! DENN: sie erwacht mitten in der Nacht, weil "nichts in der stillen Hitze zu hören war außer dem Raunen der Wellen". Also beugt sie sich über ihren Mann (Der im Übrigen mal wieder namenlos bleibt, erneut ist er wieder nur ein Sexspielzeug der Frau! Gegen diese Zeitschrift ist jedes Roché-Buch bieder und rückständig. Doch ich will ihn einfach Frank nennen, nur, weil es auf der Hochzeitstorte sicher toll aussah.) Sie beugt sich also über ihn und sagt „Du Frank. Ich kann die Hitze hören.“ Darauf Frank: „Oh, Entschuldigung! Die Muscheln...ich vertrag die doch nicht so gut. Tut mir leid.“ Wäre Frank nicht so ein erbärmliches Weichei, er hätte geantwortet: „Toll! Dann lausch doch mal ob unten in der Küche noch ein Herd an ist. Ich hab nämlich schon wieder so Hunger.“ Aber nein, das sagt er natürlich nicht, das davor übrigens auch nicht. Nein, laut Fraukes Erzählung schlägt Frank die Augen auf und fragt "Kannst du auch nicht schlafen?"

Und damit willkommen in der Rubrik Unnötige Fragen, zu oft gestellt. Kommt gleich nach der Frage, die meine Mutter mir früher immer stellte, wenn ich spät nachts nach Hause kam, nämlich „Bist du da?“. Sie stand mir quasi gegenüber und fragte, ob ich da wäre. Angesichts meiner offensichtlichen Anwesenheit wusste ich nie so recht, was ich darauf antworten sollte. Oft beließ ich es bei einem „Nein“, manchmal raunte ich ein „Mach keine Mätzchen! Wo is die Kohle?!“, aber ein „Ja, bin ich“ kam mir nie über die Lippen. Das war mir irgendwie zu einfach.

Vielleicht durch diese dumme Frage selbst peinlich berührt, vielleicht aber auch eher aus einem Reflex heraus macht Frank Anstalten, sich anzuziehen. Doch Frauke, über Frank gebeugt, macht eine knallharte Ansage: "Lass deine Boxershorts weg." Ja, an der Stelle bekommt man eine Ahnung, wie Frank üblicherweise reagiert, wenn Frauke über ihm drohnt: in Sekundenschnelle springt er in seine Hose. Auch eine Form der Verhütung.

Um Frauke ihren Wunsch zu erfüllen und nicht schon wieder als Spießer dazustehen, lässt er also die Hose aus. Er wirft sich nur schnell das Oberteil seines Bärchenschlafanzugs über. Frauke bleibt nackt, klar. Leise verlassen sie das Zimmer und treten in den mit 100 Watt-Birnen romantisch ausgeleuchteten Hotelflur. Als Frauke so vor ihm her wackelt, wünscht sich Frank, sie trüge auch einen Schlafanzug. Sie nehmen den Aufzug mit den vielen Spiegeln, der selbst die entlegensten Stellen des Körpers unvorteilhaft zur Geltung bringt. Augen zu und durch. Nackt und halbnackt schellen sie kurz beim Nachtportier, denn Franks Schlafanzug hat bedauerlicherweise keine Tasche, in die er den Zimmerschlüssel tun könnten. Sie verlassen das Hotel und "...es war halb drei, der Strand menschenleer." Na kuck einer an. "Der Vollmond stand am Himmel, und je näher wir dem Wasser kamen, desto kühler wurde es. Meine Brustspitzen drückten sich dem Wind entgegen." Kein Witz, so steht's da. Frauke stellt also fest, dass sich ihre Brustspitzen aufrichten. Nun weiß ich nicht wie Frauke so gebaut ist, aber das Wort Brustspritzen klingt für mich doch etwas verkrampft. Doch vermutlich schickt es sich für so ein Blatt wie die FIT nicht zu schreiben „Frauke hatte Nippel bis Meppen.“

Sie gehen also über den Strand, bleiben dann stehen, sehen sich an. Frank zieht sein Jacke aus, denn er ahnt, dass es wohl bald rund geht, komisch, dafür hat er ein Gespür.  Doch gerät er unversehens ins Grübeln. Wohin mit der Jacke? Nie im Leben würde er das gute Stück einfach so auf den siffigen Hundestrand werfen, in dessen Sand griechische Lausebengel tagsüber ihre Drüsensekrete schwitzen. Den Schlafanzug hatte ihm seine Mutter zur Beförderung geschenkt. Da fällt sein Blick auf Fraukes Brustspitzen, und er fragt sie: „Ist es okay, wenn ich meine Jacke bei dir aufhänge?“ Frauke, vom Typ her eher praktisch orientiert, will eigentlich direkt antworten „Klar, mach. Kein Problem.“ Doch heute, wo sie eh schon die Hitze hören kann, da sagt sie „Ja! Behäng mich!“. Mit zittrigen Fingern hängt Frank seine Jacke an Fraukes linken Nippel – und der kühle Nachtwind sorgte dafür, dass sie dort hängen bleibt. Wie Frauke da so halbseitig behangen steht bedauert Frank, dass er sich die Sache mit der Hose hat ausreden lassen, denn eine Brust wäre ja noch frei gewesen.

...von all dem hat Frauke übrigens nichts geschrieben, ich hab das Geschehen mal rekonstruiert, denn an der Stelle war mir die Geschichte doch etwas löchrig. Nun, wie auch immer. Frauke ist obviously on fire.

"Im schützenden Schatten eines Felsens ließen wir uns nieder", schreibt sie, und weiter, "wir ließen uns Zeit, streichelten einander und zögerten den Moment heraus, uns einander hinzugeben." Und nun wird Frauke botanisch: "Mein Schoß wurde wärmer, öffnete sich wie ein Blume." Hörthört! Dürfte dann ja wohl ein Nachtschattengewächs sein, das nun von Frank gepflückt werden will. Und siehe da, er tut es, denn Frauke spürt "seine Dralle Spitze an meiner Mitte...als ob er anklopfte." *knock-knock* Hallooooo!? Jemand zuhause!? ...dralle Spitze...meine Güte, man hat ja schon einiges gehört, aber dralle Spitze...nun sei's drum, Frank und Frauke tun es am Hundestrand, und nach einer Weile, so knapp 2,5 Minuten schätz ich, passiert, was passieren musste: "das Meer scheint lauter heranzurollen, der Vollmond für einen Moment heller zu werden" und "Dann trug mich der Rausch fort. Ich ließ meinen Mann alles tun, was er mit mir tun wollte." Das glaub ich nun allerdings nicht, denn von Playstation, Pizza Mykonos und einer Kiste Öttinger ist im Folgenden nicht die Rede. Stattdessen beschließt Frauke ihre Story mit dem Dialog

Warum wolltest du eigentlich immer in den Odenwald?“, fragte mich mein Mann irgendwann listig. „Wieso ich?“, entgegnete ich empört. „Du wolltest doch immer!“ - „Immer sollte man nie sagen“, sagte er. Und lachte.

Aha. Ich, also wir, die treuen Leserinnen der Frau Im Trend, sollen nun also glauben, dass ein Ehepaar, welches die vergangenen 10 Jahren lieber ständig in den verschissenen Odenwald gefahren ist anstatt EINMAL miteinander zu sprechen, das dieses offensichtlich kommunikationsgestörte, spießige und unflexible Paar es plötzlich nachts am Strand des Lybischen Meeres treibt wie Abiturienten auf Abschlußfahrt. Im Leben nicht! Man will uns doch hier für dumm verkaufen! Frauke! So nicht! Das gibt nen Leserbrief. So!

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